
Manjou, da ist er: Dein erster WM-Titel! Die Frage, die du bestimmt schon nicht mehr hören kannst: Wie fühlt es sich an?
Manjou Wilde: Es ist ein unbeschreibliches Gefühl! Man kann es sich davor nicht vorstellen, wie es sich anfühlt. Und ich kann es noch immer nicht realisieren und nicht richtig beschreiben.
Dieses Interview erschien zuerst auf fudder.de
Die Nigeriannerinnen haben ja richtig Druck gemacht im Finalspiel. Wie kräftezehrend war das Match?
Wir wussten bereits vorher, dass sie ziemlich ausdauerstark und schnell sind und dass es auf jeden Fall mit das anstrengendste Spiel wird. Dann auch noch in die Verlängerung zu gehen, war natürlich die Krönung. Ich glaub meine Beine haben sich noch nie so schlapp angefühlt. Aber im Endeffekt hat es sich ja gelohnt!
Wie war die Nacht nach dem Spiel?
Die war eigentlich auch sehr anstrengend. Wir sind ziemlich spät erst ins Hotel gekommen und haben dann natürlich mit dem Team zusammen ein bisschen gefeiert, haben den Abend beziehungsweise die ganze WM noch ein bisschen ausklingen lassen und sind dann einfach noch ein bisschen zusammen gesessen. Das war ganz schön.
Was waren die schönsten Glückwünsche, die dich ereilt haben?
Auf jeden Fall die von meiner Familie! Die haben jede Sekunde vor dem Fernseher mitgezittert und mir auch sofort geschrieben beziehungsweise alles kommentiert. Es war immer ganz amüsant, dass nach dem Spiel dann durchzulesen.
Hattet ihr als Team auch sowas wie einen Motivationssong?
Ja, auf jeden Fall. Das kennt glaub‘ ich keiner: „Never Stop“ von Bro’Sis – der ist ein bisschen zu unserem WM-Song geworden. Wir haben vor dem Spiel auch Motivationsvideos gehabt und da war das Lied dann auch drin. Mittlerweile ist der Song auch zu unserem Lieblingssong geworden.
Was darf man sich genau unter einem Motivationsvideo vorstellen?
Wir haben ja immer einen Videoanalysten dabei. Und der hat sich die Mühe gemacht, vor jedem Spiel so ein Video zu machen. Das waren dann ein paar Szenen: Zum Beispiel unsere Tore oder Jubelbilder.
Es wurde oft betont, dass die Abwehr verletzungsbedingt extrem zusammengewürfelt ist. Wie hast du das als eine der Leitpersonen in der Abwehr empfunden?
Wir waren so ziemlich alle vier keine gelernten Abwehrspieler. Aber wir hatten ja das Vertrauen der Trainerin und wir haben viel dafür getan, dass wir zusammenwachsen und unsere Aufgaben erfüllen können. Natürlich hat man in manchen Situationen gesehen, dass wir nicht so routiniert sind. Allerdings glaube ich wir haben das ziemlich gut gelöst und es ist am Ende ja auch gut ausgegangen.

Im Viertelfinale gegen den Gastgeber Kanada hattet ihr über 20 000 Zuschauer, im Finale waren es um die 15 000. Wie ist es, vor so vielen Leuten zu spielen – oder ist das gar nichts mehr Neues?
Doch, das ist auf jeden Fall was Neues, ich habe das erste Mal vor so vielen Zuschauern gespielt. Es ist natürlich immer schön, wenn so viele Fans kommen, auch wenn man bei dem Spiel gefühlt das ganze Stadion gegen sich hatte weil so ziemlich alles Kanadier waren. Das ist dann aber nur eine Motivation mehr.
Bekommen deine Fußballschuhe jetzt einen Ehrenplatz bei dir zu Hause oder gibt es irgendein Mitbringsel, das du unbedingt aufbewahren willst?
In Freiburg darf ich die Fußballschuhe aus Sponsorengründen sowieso nicht tragen, deshalb werde ich sie, glaube ich, tatsächlich aufhängen oder aufstellen. Ein konkretes Mitbringsel hab ich nicht. Aber wir haben das WM-Trikot bekommen und das wird auf jeden Fall einen Ehrenplatz neben den Schuhen bei mir bekommen.
Es gibt das Gerücht, dass die A-Nationalmannschaft der Frauen pro Spiel zwei Flaschen Haarspray verbraucht. Gilt das auch für die U-20 Frauen?
Ja, das kann man so bestätigen. Es gibt da schon ein paar, die da ein bisschen mehr in ihre Haare tun, ich gehöre nicht dazu. Zwei Flaschen könnten sogar hinkommen!
So viele Mädels auf einem Haufen für so eine lange Zeit: Gibts da eigentlich auch mal Zickenkrieg?
Eigentlich hätte ich gesagt: auf jeden Fall. Aber ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich nicht einen Einzigen mitbekommen habe. Natürlich kommt irgendwann der Punkt, an dem man denkt: ‚Okay, jetzt sind wir solange zusammen und das Gesicht will ich gerade nicht sehen‘. Aber alles in allem war es sehr human.
2015 findet die WM in Kanada statt: Bundestrainerin Silvia Neid meinte, dass sie einige Spielerinnen gesehen hat, die das Potential haben in den A-Kader zu kommen. Wenn ich nochmal nach Kanada darf dann…
Darüber habe ich mir ehrlich gesagt noch keine Gedanken gemacht. Die Bundestrainerin wird das entscheiden – alles weitere wird man dann sehen.
Manjou Wilde, 19, wurde in Bremen geboren und ist auch dort aufgewachsen. Da ihre Eltern großen Wert darauf legten, dass sie Sport machte, schwamm sie zuerst. Doch irgendwann hatte sie keine Lust mehr, da sie wegen ihrer Größe in der Dusche nie an den Knopf kam: “Das hat mich dann so gewurmt, dass ich gesagt habe, dass ich Fußball spielen möchte.” Einzige Bedingung der Mutter: Sie musste das Freischwimmerabzeichen machen, welches sie dann ganz schnell erfolgreich bestand.Ihren ersten Titel holte sie bereits 2012 mit der U17-Auswahl bei der EM in der Schweiz. Seit diesem Jahr steht sie beim SC Freiburg unter Vertrag und ist jetzt gespannt darauf, wie es ist, in der Bundesliga zu spielen.