
Viele Freunde des Frauenfußballs kennen Verena Schweers noch unter ihrem Mädchennamen Verena Faißt. Die 30-Jährige kommt aus Kappel. Man darf gespannt sein, welche Rolle die Top-Fußballerin, inzwischen beim FC Bayern München unter Vertrag, bei der Weltmeisterschaft in Frankreich spielen wird.
BZ: Zur WM gab es einen Werbespot zur Frauennationalmannschaft. Darin heißt es „Es ist okay, du musst dir unsere Gesichter nicht merken“ und „Wir spielen für eine Nation, die unseren Namen nicht kennt“. Finden Sie, der Werbespot wird der Realität gerecht?
Schweers: Das bringt das, was uns beschäftigt, auf den Punkt: dass die Gesellschaft den Frauenfußball nicht so ernst nimmt und dass wir wenig Wertschätzung bekommen. Der Spot macht das auf eine ironische und lustige Art sichtbar.
Dieses Interview erschien zuerst in der Badischen Zeitung
BZ: Inwieweit beschäftigt Sie das innerhalb des Teams?
Schweers: Innerhalb der Mannschaft ist das aktuell während der WM kein Thema. Wir haben aber grundsätzlich das Gefühl, dass in Deutschland– auch in den größeren Vereinen – der Frauenfußball nicht optimal gefördert wird. Da könnte man noch mehr ’rausholen. Dass in anderen Ländern gerade viel mehr dafür gemacht und investiert wird, das fällt allen auf. Wir diskutieren auch darüber, dass die Bundesliga nicht mehr so attraktiv ist, wie sie mal war. Viele Nationalspielerinnen wechseln auch ins Ausland. Wir müssen in Deutschland schauen, dass wir den Anschluss nicht verlieren. Das wurde auch durch den Werbespot nochmal klar gemacht. Man muss sich unsere Gesichter nicht merken, aber wir möchten, dass sich die Gesellschaft mit dem Thema befasst.
BZ: Wenn Sie sagen, die größeren Vereine: Spüren Sie das dann auch beim FC Bayern München, Ihrem Verein?
Schweers: Wir spielen in einem Verein, der für Erfolge und Titel steht. Auch wir haben demnach den Anspruch, erfolgreichen Fußball zu spielen. Wer Wertschätzung will, muss natürlich auch gut spielen und präsent sein. Wir versuchen schon, mehr Aufmerksamkeit zu bekommen, durch die Spiele in der Champions League. Aber beim Champions-League-Halbfinale gegen Barcelona war zum Beispiel auch der Trainer der Männer da, die am Tag zuvor den Meistertitel geholt haben. Vom FC Bayern München war kein Boss oder Vorstandsmitglied da. Das ist schon ein großes Ausrufezeichen.
„Wir merken, dass die anderen Nationen aufgeholt haben und sehr viel in den Frauenfußball investieren.“
BZ: Auch Ihre Nationalteamkollegin Almuth Schult hat vor dem DFB-Pokalfinale kritisiert, dass andere Länder in der Gleichberechtigung weiter vorne sind. Sie twittern gerne zu dem Thema: zum Beispiel als in der spanischen Liga der Spieltag der Männer wegen der Frauen verschoben wurde.
Schweers: Es ist einfach ein präsentes Thema. Wir merken, dass die anderen Nationen aufgeholt haben und sehr viel in den Frauenfußball investieren. Dass in Spanien ein ganzer Spieltag verlegt wird, weil die Frauen des FC Barcelona im Champions-League-Finale spielen, ist der Wahnsinn. Das ist genau das, was man eigentlich will. Diese Wertschätzung würde ich mir hier auch wünschen. Deswegen ist es auch Zeit, dass jetzt mit der WM wieder Frauenfußball im Fokus steht. Es ist auch der richtige Zeitpunkt ein Zeichen zu setzen und sich dafür stark zu machen, dass es sich bessern muss hier in Deutschland.
BZ: Sie zählen im Team zu den Ältesten. Welche Aufgaben kommen damit während der WM auf Sie zu?
Schweers: Ich arbeite gerne mit jungen Spielerinnen zusammen, weil sie einfach losgelöst sind und manchmal nicht so viel nachdenken. Das tut uns Älteren und der Mannschaft gut. Jetzt ist mit Martina Voss-Tecklenburg auch eine neue Ära gestartet. Sie hat uns wieder mehr Struktur gegeben, die wir gebraucht haben. Sie vertraut auf uns und verlangt von uns einfach zu kämpfen und die Qualität zu zeigen, die wir als Mannschaft haben. Und sie hat eine klare Linie, das mögen wir. Ich freue mich, dass ich als eine der Ältesten meine Erfahrung einbringen kann.
BZ: Wie sind Sie noch mit Ihrer Heimat Ettenheim und Kappel verbunden?
Schweers: Hier bin ich groß geworden und es ist auch die Region, wo ich mich am wohlsten fühle. Und wo ich auch meinen Dialekt sprechen kann (lacht). Ich komme immer wieder gerne in meine Heimat zurück, wo meine Familie lebt.
BZ: 2010 haben Sie in einem Interview mit Schülern an der Taubergießenschule gesagt, dass sie später eine feste Größe im Nationalteam werden wollen…
Schweers: …Das habe ich gesagt?
BZ: Ja, so steht es zumindest in dem Artikel im Internet. Ist das jetzt nicht auch so wahr geworden?
Schweers: Das steht im Internet? Das ist ja cool! Können Sie mir das weiterleiten? Früher war es mein Ziel, einfach Fußball zu spielen und dann ist es halt gut gelaufen. Dass ich so etwas gesagt habe, weiß ich nicht mehr. Aber umso cooler, dass ich meinen Traum gelebt habe.